
Der amerikanische Präsident wünschte sich einen Moment religiöser Besinnung kurz vor Ostern. Den bekam er selbstverständlich auch. Schließlich ist er der Präsident.
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Kerzen flackerten und die schweren Kronleuchter blieben gedimmt, als Donald Trump am 16. April geistliche Anführer im Blue Room empfing, einem der großen Salons im Weißen Haus. Dem gemeinsamen Essen folgten gemeinsame Gebete: für das Land und auch für seinen Staatschef.
Termine dieser Art organisiert das Glaubensbüro des Weißen Hauses. Anfangs, unter Präsident George W. Bush, war das Glaubensbüro eine Kontaktstelle in Richtung diverser religiöser Gemeinschaften in den USA. Inzwischen erscheint es als ein Ort mit eigener Mission. Offenbar soll es, jenseits aller politischen Debatten, der politischen Führung im Lande einen höheren Segen geben. Trump wies dem Glaubensbüro in einer Anordnung vom 7. Februar 2025 einen neuen Platz im Weißen Haus zu, näher denn je am Oval Office, im Untergeschoss des Westflügels.
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Geleitet wird das Büro von der Glaubensberaterin des Weißen Hauses, der evangelikalen Pastorin Paula White (58). Die beiden kennen einander seit Langem. Er bezeichnet sie als seine Lieblingspastorin. Schon bei Trumps erster Amtseinführung im Januar 2017 durfte White ein öffentliches Gebet sprechen. Zu Ostern 2025, bei der Zusammenkunft im Blue Room, hielt sie soeben die Predigt. Beim Essen saß sie direkt neben dem Präsidenten.
Trump, der von Gott gesandte „König“
Die herzliche Übereinkunft zwischen den beiden ist nicht ganz von dieser Welt. Bei einer religiösen Zeremonie nach der jüngsten Amtseinführung betete sie für ihn, trat dann nach Art eines Engels auf ihn zu und berührte ihn zudem noch sanft und andächtig. Immer wieder stellt sie ihn allen Ernstes als jemanden dar, der von Gott gesandt ist.
Der US-Präsident hört das gern, genießt – und schweigt. Er kennt den Nimbus, der ihn in religiösen Kreisen umgibt, besonders bei Amerikas weißen evangelikalen Christen, von denen zuletzt 81 Prozent ihn wählten und nur 17 Prozent Kamala Harris. Waren es nicht tatsächlich wunderbare Mächte, die ihn geschützt haben, als am 13. Juli 2024 der Schuss des Attentäters bei einer Wahlkampfveranstaltung in Butler, Pennsylvania, nur sein Ohr streifte?
Ein Segen für den Präsidenten: Donald Trump mit der evangelikalen Pastorin Paula White (weißes Kleid) und weiteren Geistlichen bei einer religiösen Zeremonie nach der jüngsten Amtseinführung im Oval Office.
Quelle: Picture Alliance / dpa / White House
Die Religionsberaterin des Weißen Hauses besitzt keinen akademischen Abschluss in Religionswissenschaften, Theologie oder Philosophie. Das aber hindert Paula White nicht an der Ausbreitung eigenwilliger Theorien. So vergleicht sie Trump schon seit Langem mit Esther, einer biblischen Figur aus dem Alten Testament, die aus ihrer Kindheit als Waise zur Königin von Persien aufstieg. Beide, sagt sie, hätten „unkonventionelle Hintergründe überschritten, um große Führer zu werden“. Sie fügte hinzu: „Es ist Gott, der einen König auferweckt, und wenn man gegen den Plan Gottes kämpft, kämpft man gegen die Hand Gottes.“
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Trump, räumt White ein, sei „kein polierter Politiker“. Aber im nächsten Moment verpasst sie ihm immer wieder eine Art christliche Unbedenklichkeitsplakette: „Ich kann Ihnen versichern, dass Trump eine Beziehung zu Gott hat“, sagte sie im Wahljahr 2016 dem Portal Politico. „Er ist Christ, er akzeptiert Jesus als seinen Herrn und Retter.“
Sieben Wunder für 1000 Dollar
Für White ist unterdessen Trump so etwas wie der Herr und Retter geworden, vor allem in finanzieller Hinsicht. In dritter Ehe lebt sie aktuell zusammen mit dem früheren Rockmusiker Jonathan Caine (75), der sich der christlichen Musik zugewandt hat und mittlerweile, im Alter von 75 Jahren, nur noch wenig Einkommen zu generieren scheint.
Paula Whites White-House-Prominenz indessen beflügelt die Geschäfte ihrer auch auf Fernsehwerbung und Versand ausgerichteten Megakirche Paula White Ministries in der Nähe von Orlando, Florida. Längst vergessen sind die Zeiten, in denen ihre ebenfalls in Florida angesiedelte frühere Kirche Without Walls International Church Insolvenz anmelden musste.
„Rufen Sie jetzt an“: Für 1000 Dollar bot Paula White zu Ostern so genannte Packages an, die für „sieben Wunder“ sorgen sollen.
Quelle: PaulaWhiteTV / screenshot
Zu Ostern 2025 kam von Paula White ein Sonderangebot an alle Follower von Küste zu Küste. Für eine Überweisung von 1000 Dollar wurde ein Paket mit religiösen Utensilien beworben, darunter ein 25 Zentimeter hohes Kristallkreuz. Von traditionellen Protestanten und Katholiken in den USA und auch weltweit kam Protest, von einem Rückfall hinter Martin Luther war die Rede. White indessen stellte sieben „übernatürliche Segnungen” in Aussicht: „Gott wird dir einen Engel zur Seite stellen, er wird deinen Feinden ein Feind sein, er wird dir Wohlstand schenken, er wird Krankheit von dir nehmen, er wird dir ein langes Leben schenken, er wird dir eine Vermehrung deines Erbes bringen und er wird ein besonderes Segensjahr bringen.“
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Sind 1000 Dollar da nicht vielleicht sogar gut angelegtes Geld? Der Clou ist: Viele evangelikale Christen denken heute tatsächlich so.
Der große Irrtum der US-Demokraten
White steht für das sogenannte Wohlstandsevangelium (prosperity gospel), eine religiöse Strömung, die Reichtum als Beweis dafür interpretiert, dass man Gottes Gunst genießt. Diese Sicht auf Gott und die Welt war auch Trump immer schon sympathisch. Und sie greift jetzt in den USA massiv um sich. Als gestrig gilt, wer immer nur an die Armen denkt. Wer viel Geld hat und es auch dadurch zeigt, dass er mal eben 1000 Dollar auf den Tisch der Kirche legt, ist bei den Gewinnern.
New-York-Times Kolumnist David French drückt es so aus: „Traditionelle Christen waren es gewohnt, Geld zu geben, um den Armen zu helfen und die Lichter in der Kirche brennen zu lassen. Christen, die dem Wohlstandsevangelium folgen, geben jetzt Geld für die große Villa des Pastors aus und – in extremen Fällen – für seinen Jet.“
Michael Hochgeschwender, Professor am Amerika-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München, sieht inzwischen einen globalen Trend Richtung Wohlstandsevangelium. „Der Gospel of Prosperity findet nicht nur in den USA, sondern ebenso in Afrika, Lateinamerika und Teilen Asiens eine wachsende Anhängerschaft, schon weil er als modern und sozial aufstiegsorientiert gilt“, sagt Hochgeschwender im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. „Es ist der zur Religion gewordene, individualistische Kapitalismus. Damit hebt er sich ab von anderen, traditionellen Varianten des Christentums mit ihrer Konzentration auf Leid, Armut, Opfer und Hingabe, insbesondere vom Katholizismus.”
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Der Megatrend hat auch die jüngste Präsidentschaftswahl in den USA beeinflusst. Michelle Boorstein, Religionsreporterin der „Washington Post“ berichtete über eine Szene im Lehigh Valley Barbershop in Allentown im Swing State Pennsylvania, wo Zuwanderer aus Lateinamerika den Trump-Sieg feierten. „Die jungen Männer saßen in edlen silbernen Stühlen und sprachen über die Unternehmen, die sie aufgebaut hatten oder noch aufbauen würden“, schrieb Boorstein und zitierte dann einen Zuwanderer aus der Karibik mit Kritik an den US-Demokraten: „Kamala Harris hat immer gesagt: ‚Trump ist für die Reichen, ich kämpfe für die Armen‘. Aber ich will nicht unterklassig sein. Da will ich nicht dazugehören. Gott will nicht, dass du arm bist.“
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