
In der nordspanischen Stadt Gernika und am Flusslauf des Oka sollen auf verlassenem Industriegrund zwei Gebäude entstehen, die durch einen sechs Kilometer langen Weg verbunden werden. Unterstützt wird dieses Vorhaben von den Regierungen der Provinz Bizkaia, des Baskenlandes und der in Madrid. Spätestens 2027 soll Baubeginn es sein.
Doch es regt sich Protest. Denn eines der beiden Gebäude und ein Großteil des Laufsteges sollen mitten in einem UNESCO-Biosphärenreservat entstehen. Der Unterlauf des Oka ist gezeitenabhängig. Urdaibai heißt die Gegend am Atlantik aus 22.000 Hektar Sumpflandschaften, Mäander und Marschland, die 729 verschiedenen Tierarten und 821 unterschiedlichen Pflanzen Heimat bieten.
„Es ist einfach nicht der Ort für ein solches Großprojekt, das jährlich über 140.000 Besucher anlocken soll“, beschwert sich Eider Gotxi, Sprecherin der Initiative „Guggenheim Urdaibai Stop“. Urdaibai ist das einzige Biosphärenreservat im Baskenland. Es entstand in den 1980er Jahren nachdem die Bewohner der Region erfolgreich einen Bebauungsplan des Flussufers verhinderten.
Regierungen schwächen Umweltgesetz ab
Für die Umweltschützer ist das Bauvorhaben Guggenheim mit der Umweltgesetzgebung nicht vereinbar und deshalb „illegal“. Doch genau das ändert sich nach und nach. „Die Provinzregierung in Bizkaia und die baskische Autonomieregierung ändern Städtebaubestimmungen auf Gemeinde- und Provinzebene“, weiß Gotxi.
Und das Umweltministerium in Madrid hat gar Hand an das Gesetz zum Küstenschutz gelegt. Genau dort, wo auf dem Gelände einer alten Werft eines der beiden Gebäude entstehen soll, wurden die in ganz Spanien geschützten ersten 100 Meter vom Wasser aus auf nur 20 Meter zusammengestrichen.
Statt nach Ende des Werftbetriebes zum Naturschutzgebiet hinzuzukommen, wird das Gelände damit einmal mehr zur Bebauung freigegeben. „Nur so kann das Museum gebaut werden. Denn ohne diese Gesetzesänderung wäre kein Platz zwischen der Küstenlinie und einer Bahnstrecke“, sagt Gotxi.
Das Gesetz wurde 2023 geändert. Just nachdem die baskische nationalistische Partei (PNV), die in Koalition mit den Sozialisten in der Autonomie regiert, mithalf den sozialistischen spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez in Madrid ins Amt zu wählen. „Urdaibai war wohl der Preis dafür“, sagt Gotxi.
Was die Gesetzesänderung ignoriert: Große Teile von Urdaibai sind für den Weltklimarat der Vereinten Nationen Gebiete, die durch das Ansteigen des Meeresspiegels in Folge des Klimawandels überschwemmt werden könnten.
„Glaubst Du, dass dieses Paradies Zement braucht?“
Die Guggenheim Stiftung wird das ganze Vorhaben so gut wie nichts kosten. 130 Millionen Euro soll das Museum mit seinen beiden Gebäuden und dem Weg dazwischen mindestens verschlingen.
Die Regierung in Madrid steuert 40 Millionen Euro bei. Damit sollen unter anderem das Gelände der Werft und das einer mittlerweile abgerissenen Besteckfabrik in Gernika dekontaminiert werden. Eigentlich müssten das die Besitzer der beiden Industrieanlagen machen. Die Provinzregierung Bizkaia steuert weitere 40 Millionen Euro zu. Der Rest soll aus dem Haushalt der baskischen Autonomieregierung kommen.
Nicht nur Umweltschützer sprechen sich gegen das Vorhaben aus. Auch in der Kultur sind längst nicht alle begeistert. So hat etwa der in Spanien bekannte baskische Schauspieler Gorka Otxoa ein Video in den sozialen Netzwerken veröffentlicht. „Glaubst Du, dass dieses Paradies Zement und Beton braucht?“ fragt er und bittet um Unterschriften für eine Petition der Umweltschutzorganisation Greenpeace.
Baskische Autonomieregierung plant Anhörungsprozess
Andere Kritiker gehen über die Umweltfrage hinaus. So etwa Ramón Zallo, einst Professor an der Universität des Baskenlandes und lange Jahre Berater der baskischen Regierung. „Ist es wirklich die Aufgabe der Institutionen Botschafter für eine erfolgreiche Marke bei ihrer Expansion zu sein? Oder sollten sie sich eher die Frage stellen, was für Museen unserem Land fehlen?“, fragt er in einem langen Artikel zum Thema Urdaibai.
Er würde lieber ein Museum der baskischen Geschichte sehen, wie es andere Nationen ohne Staat haben, etwa im kanadischen Quebec oder im spanischen Katalonien.
Angesichts der zunehmenden Proteste und Kritik hat die baskischen Autonomieregierung nach einer Abstimmung im baskischen Parlament einen „aktiven Anhörungsprozess“ ins Leben gerufen.
Diese Informations- und Diskussionsveranstaltungen für die Bevölkerung werden von einer Einrichtung der Universität des Baskenlandes und der Columbia University in New York durchgeführt. Egal was dort als Mehrheitsmeinung herauskommt, verpflichtend ist es nicht.
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