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Das steckt hinter dem Rüstungswunder

Spanien will nicht mehr Nato-Schlusslicht sein und seine Militärausgaben noch im Lauf dieses Jahrs in einem gewaltigen Kraftakt auf 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigern: von knapp 23 Milliarden Euro im vergangenen Jahr auf gut 33 Milliarden Euro in diesem. „Die Welt von gestern existiert nicht mehr, und darauf müssen wir antworten“, erklärte Ministerpräsident Pedro Sánchez, als er das Vorhaben in dieser Woche vorstellte. Die spanische Reaktion auf die veränderte Weltlage kommt spät, weil Militärausgaben bei den Spaniern ohnehin schon unpopulär sind, besonders unpopulär aber bei Sánchez’ Koalitionspartner, der Linksaußenpartei Movimiento Sumar. Um sich von Sumar und anderen Parteien keine Abfuhr zu holen, will die Regierung ihren neuen Militärhaushalt nicht im Parlament zur Abstimmung stellen.

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„Verteidigungsministerium ist überflüssig“

Vor gut zehn Jahren, als Sánchez noch nicht Regierungschef war, sagte er in einem Interview mit „El Mundo“: „Das Verteidigungsministerium ist überflüssig.“ Sánchez, der regelmäßig umdenkt, hat auch dort umgedacht, aber er vermeidet es noch immer, Aufrüstung beim Namen zu nennen. Stattdessen hat Spanien jetzt einen gut 10 Milliarden Euro schweren „industriellen und technologischen Plan“ für die Sicherheit und Verteidigung Spaniens und Europas. 33,7 Prozent sind Ausgaben fürs Personal, 29,6 Prozent für einen „digitalen Schutzschild“, 15,9 Prozent für den Katastrophenschutz, 3 Prozent für Auslandseinsätze und 17,8 Prozent schließlich für Ausrüstungsgegenstände zur Verteidigung und Abschreckung – für Waffen also. Ein anderes Wort, das Sánchez nicht gut über die Lippen kommt.

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Die Unlust gegenüber allem Militärischen ist keine persönliche Marotte des derzeitigen sozialistischen Ministerpräsidenten. Auch sein konservativer Vorgänger gab nur ungern Geld für die Streitkräfte aus. Seit 2010 ist die spanische Armee von damals 130.000 Soldaten auf heute 114.000 geschrumpft. Vor gut einem Monat beschloss das Verteidigungsministerium die Wende: In den kommenden Jahren, bis 2029, soll die Truppenstärke auf 124.000 wachsen, in diesem Jahr zunächst einmal um 1500 Mann.

Am Rand aller guten demokratischen Sitten

Was aber vom nächsten Jahr an geschehen wird, ist gänzlich ungewiss. Die Regierung regiert, wie sie kann, aber sie hat keine parlamentarische Mehrheit hinter sich. Dass sie ihr 2-Prozent-Aufrüstungsprojekt durchzieht, geschieht am Rand aller guten demokratischen Sitten. Wahrscheinlich könnte sie dafür – nach einigen Verhandlungen – die Unterstützung der bürgerlichen Opposition gewinnen. Aber Regierung und Opposition haben sich in Spanien schon seit Längerem darauf geeinigt, auf weitergehende Kontakte als den Austausch von Schmähungen zu verzichten.

Das wahre Wunder des spanischen Rüstungsprogramms aber ist seine Finanzierung. Sánchez verspricht, die 2 Prozent seien möglich, „ohne die Steuern zu erhöhen, ohne einen Cent an Investitionen in den Wohlfahrtsstaat anzutasten und ohne ein höheres öffentliches Defizit zu verursachen“. Und noch einmal: „Wir werden diesen Plan finanzieren, ohne den Geldbeutel unserer Bürger zu belasten.“ Das geht natürlich nicht, aber es lässt sich zumindest der Eindruck erwecken.

Die kreativen Haushaltsplaner in Madrid haben Umschichtungsmöglichkeiten und Sparpotenziale entdeckt, die ihnen vorher offenbar entgangen waren. Nicht mehr benötigtes Geld aus der Covid-Krise zum Beispiel oder ein geringerer Schuldendienst als einst vorhergesehen. Sánchez regiert immer noch mit dem Haushalt 2023. Den für 2024 bekam er nicht durchs Parlament, und für 2025 hat er gleich ganz auf jeden Budgetplan verzichtet. Aufrüsten wird er trotzdem. Auch wenn er das nicht gern sagt.

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