
Berlin/München – Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gefällt sich in vielen Rollen: ob als Bierzelt-Bayer, Insta-Foodblogger oder auch als Silicon-Valley-Visionär, der von Star Trek beflügelt die Technik auf ein neues Level hieven will.
Dafür hat er im Freistaat 2018 zunächst “Bavaria One” zur Förderung der bayerischen Raumfahrt ins Leben gerufen, kurze Zeit später ging das Projekt in der “Hightech Agenda Bayern” auf. Auf deren Programm: KI, Quantencomputer, Raumfahrt – kurz: der Sound der Zukunft.
Hightech-Ministerium: Nicht alle Wissenschaftler sind begeistert
Jetzt will die CSU auch auf Bundesebene in diesem Bereich den Ton angeben: Auf der Pressekonferenz zum Koalitionsvertrag verkündete Söder feierlich die “Technik-Attacke”.
Gebündelt in einem neuen Ministerium – von Söder “Super-Hightech-Ministerium” genannt. Dahinter verbirgt sich das weitaus nüchterner klingende Forschungsministerium, das einen neuen Zuschnitt erfährt: Die Raumfahrt wird vom Wirtschaftsministerium herübergeschoben. Und der Bildungsbereich wandert ins Familienministerium.
© Michael Kappeler/dpa
von Michael Kappeler/dpa
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Bernhard Emmer, Physiker an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und stellvertretender Vorsitzender des Verbands Hochschule und Wissenschaft in Bayern (VHW), sagt dazu der AZ: “Wir sehen das ein Stück weit kritisch.”
Aus zwei Gründen. Zum einen sagt er: “Klar, Forschung hat auch was mit Hightech zu tun, aber eben nicht nur.” Er sorgt sich, dass nicht-technische Disziplinen, etwa aus dem sozial- und geisteswissenschaftlichen Bereich, vernachlässigt würden.
Zum anderen hält Emmer es für ein “falsches Signal”, die Wissenschaft und die Lehre auf zwei Ministerien aufzutrennen. “Das bildet eine Einheit. Und wir sind, glaube ich, die letzten 200 Jahre in Deutschland ganz gut damit gefahren.” Bildung sei das Kapital, das Deutschland habe und die Rückversicherung für die Demokratie. “Da sollte man die Bildung nicht hin- und herschieben wie einen Güterwagon, sondern dort abstellen, wo es wirklich gut passt.”
Verband Hochschule und Wissenschaft: “Das Ansehen der Lehre leidet noch weiter”
Ohnehin hat es die Lehre im Vergleich zur Forschung im Wissenschaftsbetrieb schwer. “Wenn man die Bildung ausgliedert, leidet das Ansehen der Lehre noch weiter”, befürchtet Emmer.
Auch für den Arbeitsalltag selbst dürfte die Aufteilung für Probleme sorgen: “Tendenziell ist die Befürchtung da, dass es aufwendiger wird, bürokratischer wird und die Abstimmungsprozesse schwieriger werden.” Dabei hat sich die schwarz-rote Koalition auf die Fahne geschrieben, die Bürokratie eindampfen zu wollen.
Raumfahrt-Verband: “Europa muss sich unabhängiger machen”
Wesentlich positiver auf den neuen Zuschnitt des Ministeriums blickt Andreas Gundel, Geschäftsführer von Bavairia, dem bayerische Verband für Luft- und Raumfahrt.
Er sagt der AZ: “Das Wichtige ist schon mal, dass das Thema Luft- und Raumfahrt mehr Sichtbarkeit erhält. Gerade vor dem Hintergrund, dass immer wieder zu erklären ist, warum so viel Geld investiert werden sollte.”
Schon jetzt spielt das Weltall im täglichen Leben eine große Rolle: etwa beim GPS, Internet oder auch bei der Wettervorhersage. Mit Satelliten ist es etwa möglich, in Echtzeit zu erfassen, welche Wälder wo beschädigt sind und wo Verkehrsstaus auftreten.